Die vergessenen Kunstlieder

Sämtliche Kunstlieder Georgs V. von Hannover

in 3 Bänden

herausgegeben von Martina Hannemann
Faksimile-Ausgabe

Das Schicksal Georgs V. von Hannover könnte der Stoff für einen Romanbestseller oder ein Leinwandepos sein: Ein in der Kindheit durch eine Verkettung tragischer Umstände erblindeter Prinz überwindet sein Schicksal in der  Musik, verfällt dem Komponieren und schafft musikalische Kostbarkeiten voll geistiger Kultur, Sensibilität und geschmacklicher Noblesse, die den Vergleich mit den Kompositionen der Großen seiner Zeit nicht zu scheuen brauchen. Doch was die Welt hätte bereichern können, versinkt im Nichts und fällt dem Vergessen anheim, nachdem Georg König in einen Strudel außenpolitischer Verwerfungen gerissen wird und ins Exil gehen muss. So der kurze Abriss der musikalischen Biographie Georgs V.

Nach der Annexion Hannovers durch die Preußen 1866 verschwand im Strudel der Auseinandersetzung zwischen Welfen und Hohenzollern auch das musikalische Schaffen des letzten Welfenkönigs fast 140 Jahre lang aus dem öffentlichen Bewusstsein.

Die jetzt im Pneumos-Verlag erschienene dreibändige Ausgabe der Kunstlieder Georgs V. darf als Rückführung des „musikalischen“ Welfen-Schatzes in die Musikliteratur und als Rettung wichtigen Kulturerbes gelten. Gehoben wurde er von der Herausgeberin, die 2003 als musikalische Projektleiterin der Ausstellung „Größer noch als Heinrich der Löwe“ in der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen bei ihren Recherchen überraschend auf eine Fülle unbekannter Kunstlieder von außerordentlicher komposito-rischer Qualität und bezaubernder Innigkeit stieß. Diese Kompositionen - vielfach durchweht von einem Hauch Schwermut -, deren musikalischer Einfallsreichtum, Thematik und Modulationstechnik an Werke von Schubert und Mendelssohn erinnern, werfen ein ganz neues Licht auf die Persönlichkeit Georgs V. als einem musisch hochbegabten, hochsensiblen Künstler.  Georg V., mit 14 Jahren vollends erblindete, war musikalisch exzellent ausgebildet, spielte und komponierte selber und verfasste musikästhetische Schriften. Die jetzt veröffentlichten Kunstlieder hat Georg V. als Kronprinz, also vor seinem 32. Lebensjahr, komponiert: Zum Teil sind sie seiner Frau gewidmet. Vertont sind Texte der Frühromantiker Ernst Schulze, Wilhelm Müller u.a., deren Poesie auch Schubert zu Kunstliedern inspirierte. 

Dass diese Kompositionen dem Vergessen anheim gefallen sind, mag vor allem auf einen Grund zurückzuführen sein: Nach seiner Kapitulation nach der Schlacht von Langensalza und der Annexion des Königreichs Hannover durch die Preußen galt Georg V., der  seine Ansprüche auf Hannover niemals aufgab, im Deutschen Reich als „persona non grata“, die propagandistisch mit allen seinerzeit verfügbaren Mitteln verfemt wurde. Das Bild eines musisch hochbegabten Herrschers hätte vor diesem Hintergrund keinen Platz gehabt. So ging mit dem Königreich Georgs V. für fast eineinhalb Jahrhunderte auch sein musikalisches Schaffen verloren.  

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